Melanie Joußen

Long- und Post Covid entwickeln sich immer mehr zu einem Problem in der medizinischen Betreuung und werden zur seelischen und körperlichen Herausforderung für die Patientinnen und Patienten. Langfristig scheint hier eine erweiterte Sichtweise auf die Komplementärmedizin vielversprechend für die Betroffenen zu sein. 

Die TCM als wichtige Therapie für Betroffene von Post-Covid

Long- und Post Covid entwickeln sich immer mehr zu einem Problem in der medizinischen Betreuung und werden zur seelischen und körperlichen Herausforderung für die Patientinnen und Patienten. Langfristig scheint hier eine erweiterte Sichtweise auf die Komplementärmedizin vielversprechend für die Betroffenen zu sein. 

Bereits Ende 2020 veröffentlichte das British National Institute for Health and Care (NICE) eine Leitlinienempfehlung zum Thema Long-Covid. Bezeichnend für dieses Syndrom seien hiernach fortbestehende Beschwerden jenseits einer SARS COV 2 Infektion im zeitlichen Rahmen von 4 Wochen nach der eigentlichen Erkrankung, beziehungsweise ein neuerliches Auftreten von Symptomen. Die WHO definierte im Oktober 2021 das Post-Covid Syndrom als Zusammenfassung gesundheitlicher Beschwerden, die 12 Wochen nach einer durchgemachten SARS COV 2 Infektion fort bestehen. Die deutsche S1 Leitlinie orientiert sich in Bezug auf Long- und Post-Covid an den oben genannten Definitionen, wobei bereits vor der Erkrankung vorliegende Symptome mit in dieses Syndrom einfließen. (1) Um die 200 Symptome wurden im Rahmen von Long- und Post-Covid beobachtet und können hierbei von Patient zu Patient vollkommen unterschiedlich auftreten. Kopfschmerzen, Müdigkeit, Schlafstörungen, Gliederschmerzen, Atembeschwerden, Brainfog, Konzentrationsstörungen, Ängste, depressive Verstimmungen, Erschöpfung, Hautausschlag oder Haarausfall sind nur einige der möglichen Beschwerden. (2) Empfehlungen wie das so genannte Pacing, also den eigenen Alltag so auszurichten, dass es zu keiner Überlastung kommt, scheint selten zur tatsächlichen Heilung beizutragen. Oftmals fühlen sich Betroffene kaum in der Lage die einfachsten alltäglichen Handgriffe auszuüben. 

Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) bietet als Komplementärmedizin auch für Post-Covid-Patienten einen ganzheitlichen Ansatz. Generell geht es in dieser Medizin nicht um die Einordnung von Krankheiten nach westlichen Maßstäben, sondern um die Bestimmung vorliegender Ungleichgewichte im Organismus. Neben einer genauen Anamnese über den körperlichen und emotionalen Zustand des Patienten, seiner Symptome, wobei hier beispielsweise auch Fragen zu Ausscheidungen, Gefühlen wie Hitze oder Kälte Uhrzeit des Auftretens von Beschwerden oder emotionaler Empfindungen abgeklärt werden, sowie einer Diagnose von Puls, Zunge und Gesicht wird der TCM-Arzt sich einen Überblick über vorliegende Disharmoniemuster verschaffen. Häufig scheinen bei Post Covid Muster wie Schleim in Verbindung mit Hitze oder Stagnationen, also Blockaden im Qi- und Blutfluss der verschiedenen Organfunktionen vorzuliegen.(3) Dies ist erst einmal keine so untypische Diagnose in der TCM-Praxis, im Gegenteil zu anderen Syndromen scheint es hierbei jedoch zu umfassenden und lang anhaltenden Prozessen im Körper zu kommen, welche einer recht engen Begleitung durch den Therapeuten bedürfen, um die Behandlung individuell an mögliche Veränderungen anpassen zu können. Auch wird beobachtet, dass sich einerseits die Disharmonien verstärkter zeigen, als das normalerweise der Fall ist und andererseits scheint auch aus Sicht der TCM das Long- und Post-Covid-Syndrom dort aufzutreten, wo es vor der Coronainfektion bereits körperliche Schwächen gab. (3) Der Behandlungsgrundsatz lautet nun „Treat, what you see.“  

Die Behandlung besteht aus Akupunktur und Kräutertherapie. Die Kräuterformeln werden individuell auf den Patienten angepasst. Die TCM-Akupunktur unterscheidet sich hierbei insofern, als dass die zu akupunktierende Punkte stets bei jedem einzelnen Termin individuell auf die vorliegenden Symptome und entsprechend der Konstitution des Patienten ausgewählt werden. 

Es ist vorteilhaft zusätzlich zu dieser Therapie die Ernährung und Bewegung entsprechend anzupassen. Jedes Lebensmittel besitzt in der Ernährungslehre der TCM eine therapeutische Wirkung. Vereinfacht beschrieben geht es bei der Ernährung im Sinne der TCM nicht um das Zählen von Kalorien oder die Einteilung der Lebensmittel in Nährstoffgruppen, sondern vielmehr um den Wirkungsbezug der Nahrungsmittel auf die entsprechenden Organsysteme hin. Hierbei spielen Geschmack und Thermik jedes Lebensmittels eine maßgebliche Rolle. Mit dem Wissen um den eigenen Körperzustand lassen sich somit gezielte Lebensmittel-Listen zusammenstellen, mit derer Hilfe sich der Organismus harmonisieren lässt.  

Das zusätzliche Ausüben von Yoga, Qigong oder Taichi ist außerdem eine Möglichkeit nicht nur den Körper in Bewegung zu versetzen, sondern auch hier heilend auf das System einzuwirken. 

Wichtig scheint hier eine enge Zusammenarbeit aller Therapeuten zu sein, um die gesamte Behandlung genau auf den Patienten anpassen zu können und sich in Bezug auf Veränderungen abzustimmen.  

Hierbei ist vor allem auf die vorliegenden Fähigkeiten des Patienten zu achten, um eine Überforderung zu vermeiden und bestmögliche Behandlungsziele und damit eine deutliche Verbesserung des Gesundheitszustandes des Patienten erreichen zu können. 

Eine zusätzliche individuell auf den Patienten abgestimmte Einnahme von Nährstoffen ist zwar aus Sichtweise der TCM allgemein nicht notwendig, kann aber in unserer westlich geprägten Gesellschaft, der die kulturelle Gesundheitspflege anders als im traditionell lebenden asiatischen Raum noch größtenteils fehlt, von großem Nutzen sein.  

Im Vordergrund sollte jedoch die angewandte komplementäre Therapie mit den damit verbundenen Lebensstiländerungen stehen. 

Fazit

Die Anzahl der Menschen, die unter dem Post Covid Syndrom leiden nimmt auch im Jahr 2024 stetig zu. Die Vielzahl von Symptomen macht es Betroffenen in der schulmedizinischen Praxis sehr schwer einen für sie adäquaten Heilungsweg zu finden. Die TCM kann hier neue Wege aufzeigen. Durch ihre ganzheitliche Anamnese und Diagnose jedes einzelnen Patienten wird es möglich ganz individuell mittels Akupunktur und Kräutertherapie zu behandeln und Erfolge zu erzielen. Zusätzlich bietet die TCM-Ernährungslehre eine Möglichkeit in der täglichen Praxis die eigene Heilung aktiv zu unterstützen. Abgerundet wird dies mit Bewegungsprogrammen aus Yoga, Qigong oder Taichi, die je nach den Möglichkeiten der Patienten ausgewählt werden sollte. 

Ob bei einem Aufenthalt in einer TCM-Klinik oder durch die Therapie und Begleitung von TCM-Ärzten und Gesundheitsberatern vor Ort werden die Chancen zur Ausheilung von Post-Covid für die Patienten deutlich erhöht. 

Über die Autorin

Als Gesundheitsberaterin ist es Melanie Joußen ein großes Anliegen westliches Gesundheitswissen mit der Sichtweise der TCM zu verbinden und für ihre Klienten zu nutzen. Dabei ermöglicht es ihr die enge Zusammenarbeit mit dem TCM Arzt Dr. med Dennis Zhang die Entwicklung im direkten Wechselspiel von Therapie und Beratung zu erleben. Die Zahl von Post-Covid-Patienten ist hierbei beachtlich. 

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Portraitfoto Melanie Joußen

Quellen

  • https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Long-COVID_Definition.html 
  • Emmrich,Peter: Die vielen Gesichter von Long- & Post-COVID - ganzheitliche TherapieKonzepte bei massiven und langwierigen Infekten, 3. Auflage, Weg zur Gesundheit Verlag GmbH, 2024, Dormagen 
  • https://www.agtcm.de/aktuelles/tcm-special/post-covid-syndrom.htm 

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