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Ein Gespräch mit Corinna van der Eerden und Prof. Dr. Jörg Spitz.
Die Wechseljahre sind keine Krankheit, sondern ein natürlicher Abschnitt im Leben jeder Frau. Doch viele erleben diese Zeit als Herausforderung – körperlich, emotional und seelisch. Hitzewallungen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Gewichtszunahme sind häufige Begleiter. Dabei zeigen neue Erkenntnisse aus der funktionellen Medizin: Frauen sind den hormonellen Veränderungen nicht ausgeliefert – sie können aktiv Einfluss nehmen und ihre Gesundheit langfristig stabilisieren.
Kurz zusammengefasst
- Was passiert im Körper während der Wechseljahre?
- Der Hormonhaushalt verändert sich, insbesondere sinkt Progesteron, während Östrogen schwankt. Das führt häufig zu Symptomen wie Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen.
- Sind Hormone in den Wechseljahren gefährlich?
- Nein, die Risiken früherer Studien bezogen sich auf synthetische Hormone. Bioidentische Hormone können, richtig eingesetzt, eine sichere Option sein.
- Wie kann der Lebensstil die Hormonbalance beeinflussen?
- Ernährung, Schlaf, Stressmanagement und Darmgesundheit sind zentrale Stellschrauben, um den Hormonstoffwechsel positiv zu beeinflussen.
- Wann ist eine Hormontherapie sinnvoll?
- Wenn Lebensstilmaßnahmen nicht ausreichen, kann eine individuell abgestimmte, bioidentische Hormontherapie in fachlicher Begleitung hilfreich sein.
Der falsche Ruf der Hormone
Lange Zeit galt die Gabe von Hormonen – insbesondere in der Form der Hormonersatztherapie – als riskant. Eine viel zitierte Studie aus den frühen 2000er-Jahren legte nahe, dass zugeführte Hormone das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Brustkrebs erhöhen könnten.
Doch wie Corinna van der Eerden im Gespräch mit Prof. Dr. Jörg Spitz erklärt, war die Schlussfolgerung voreilig: Die damalige Studie arbeitete mit synthetischen, nicht bioidentischen Hormonen, insbesondere mit künstlichem Progesteron. Inzwischen zeigen neuere Daten, dass die Risiken hauptsächlich auf diese künstlichen Formen zurückzuführen sind – nicht auf bioidentische Hormone, die der körpereigenen Struktur entsprechen.
„Wir haben vielen Frauen keinen Gefallen getan, sie über Jahrzehnte in einer hormonarmen Situation zu lassen“, sagt van der Eerden. Denn Hormone sind nicht nur für die Fruchtbarkeit relevant – sie spielen eine Schlüsselrolle für Haut, Knochen, Stoffwechsel, Immunsystem und Psyche.
Hormonbalance statt Hormonchaos
Mit Beginn der Perimenopause sinkt zunächst das Progesteron, während der Östrogenspiegel zunächst stark schwankt. Diese Schere zwischen Progesteron und Östrogen kann zu Symptomen wie Reizbarkeit, Schlafstörungen und Zyklusunregelmäßigkeiten führen.
Hinzu kommen Lebensstilfaktoren wie Stress, Übergewicht und Blutzuckerschwankungen, die den Hormonhaushalt zusätzlich beeinflussen. Fettgewebe etwa produziert über das Enzym Aromatase selbst Östrogen – was wiederum das hormonelle Ungleichgewicht verstärken kann.
Ein zentrales Anliegen Corinna van der Eerdens ist daher, dass Frauen verstehen, wie Hormone wirken und wie sie selbst regulierend eingreifen können. Denn Hormone werden nicht isoliert im Körper gebildet – sie hängen eng mit Ernährung, Stoffwechsel, Entgiftung und Stressregulation zusammen.
Der Schlüssel liegt im Lebensstil
Bevor Hormone substituiert werden, sollte laut van der Eerden die Grundlage stimmen. Dazu gehören drei zentrale Säulen:
- Ernährung: Eine antientzündliche, blutzuckerstabile Kost mit ausreichend Eiweiß, gesunden Fetten und sekundären Pflanzenstoffen. Hochverarbeitete Lebensmittel, Zucker und Alkohol sollten reduziert werden.
„Wir können unseren Körper jeden Tag entweder stärken oder schwächen – mit jeder Mahlzeit“, betont sie. - Schlaf & Stressmanagement: Schlafmangel und chronischer Stress belasten die Nebennieren, die in der zweiten Lebenshälfte einen Teil der Hormonproduktion übernehmen. Atemübungen, Bewegung, Meditation oder Naturaufenthalte unterstützen die Hormonregulation über den Vagusnerv.
- Darmgesundheit: Eine gesunde Darmflora ist entscheidend für die Hormonverstoffwechslung. Antibiotika, die Pille oder Antazida können die Barrierefunktion schwächen. Verdauungsprobleme sind daher oft ein Hinweis auf tieferliegende Dysbalancen, die zunächst behoben werden sollten, bevor Probiotika sinnvoll wirken können.
Bioidentische Hormone – sinnvoll eingesetzt
Wenn Lebensstilmaßnahmen nicht ausreichen, kann eine bioidentische Hormonersatztherapie sinnvoll sein – individuell angepasst und unter fachlicher Begleitung.
Entscheidend ist, den Hormonstoffwechsel zu verstehen, denn auch bioidentische Hormone müssen verstoffwechselt werden. Bestimmte Stoffwechselwege lassen sich positiv beeinflussen (z. B. durch Sulforaphan, DIM, Bewegung und stabile Blutzuckerwerte), um ungünstige Metaboliten zu vermeiden.
„Es geht nicht darum, jeder Frau Hormone zu geben“, so van der Eerden, „sondern darum, den Frauen das Wissen zu geben, zu verstehen, was in ihrem Körper passiert – und wie sie aktiv mitgestalten können.“
Ein Appell an Eigenverantwortung
Zum Abschluss fasst Prof. Spitz die Botschaft zusammen:
„Wenn du die Welt aus den Angeln heben willst, fang bei dir selbst an.“
Gesundheit beginnt mit Bewusstsein und Bildung. Wer versteht, wie der eigene Körper funktioniert, kann selbstwirksam handeln – ob durch Ernährung, Bewegung, Entspannung oder gezielte Therapie.
Der vielleicht wichtigste Satz des Gesprächs lautet:
„Investiere in deine Gesundheit – sie ist der beste Return on Invest, den es gibt.“
Fazit
Die Wechseljahre markieren keinen Verlust, sondern einen Wendepunkt. Sie sind eine Einladung, den Körper besser kennenzulernen und aktiv für sich zu sorgen. Mit Wissen, Ernährung, Bewegung und – wo nötig – bioidentischen Hormonen lässt sich die Lebensphase nach der Menopause gesund, stabil und erfüllt gestalten.
AMM-Empfehlungen
Corinna van der Eerden ist Ernährungs- und Frauengesundheits-Expertin im AMM-Netzwerk. Mit fundiertem Praxiswissen begleitet sie Frauen durch Zyklus- und Wechseljahre, verbindet Ernährung, Lebensstil und Mikronährstoffe – und übersetzt komplexe Inhalte verständlich in den Alltag. Mehr über Corinna.

