Dr. Elke Jaspers
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    [Ein Gastbeitrag von Dr. Elke Jaspers]

    Mitte Juni gab es faszinierende Neuigkeiten in der renommierten naturwissenschaftlichen Zeitschrift „Nature Neuroscience“.

    Für alle, die sich schon länger mit der großen Bedeutung der Darm-Mikrobiota beschäftigen, wird es keine große Überraschung sein – aber eine Freude zu sehen, dass die Wissenschaft die große Bedeutung der Darm-Mikrobiota für die menschliche Gesundheit mehr und mehr aufklärt.

    Kurz gesagt, lauten die Ergebnisse wie folgt:

    Die Darm-Mikrobiota sorgt dafür, dass die Immunabwehr des Gehirns richtig funktioniert und damit Entzündungsgeschehen korrekt im Gehirn „bearbeitet“ werden. Die Darmbakterien sind dafür verantwortlich, dass die Fresszellen des Gehirns (=Mikrogliazellen/Gehirn-Makrophagen) korrekt reifen und arbeiten. Übrigens: Je diverser die Darmmikrobiota zusammengesetzt ist, desto positiver ist ihre Wirkung auf die Mikrogliazellen. Denn möglicherweise können aufgrund der hohen bakteriellen Diversität Nahrungsbestandteile wie insbesondere Ballaststoffe durch das Zusammenwirken verschiedener Stoffwechselfähigkeiten der verschiedenen Bakterienarten gut zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut werden. Diese kurzkettigen Fettsäuren helfen dann nachgewiesenermaßen den Mikrogliazellen, Entzündungsreaktionen korrekt und schnell zu bekämpfen.

    Diese Ergebnisse geben nicht nur Hinweise auf die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen wie u. a. Alzheimer, Multiple Sklerose und Parkinson, sondern auch auf die Wichtigkeit der Ernährung. Denn sie ist die Basis für die Darmmikrobiota, kurzkettige Fettsäuren herstellen zu können und bestimmte Bakterienarten zu fördern, die über diese Fähigkeiten verfügen.
    Diese kurzkettigen Fettsäuren nicht nur für das Gehirn wichtig, sondern auch für eine intakte Darmschleimhaut, denn die Darmepitelzellen ernähren sich nicht direkt von dem was wir essen, sondern von dem, was unsere Darmbakterien daraus machen. Unter anderem eben – hoffentlich – kurzkettige Fettsäuren, z. B. aus Ballaststoffen wie resistenter Stärke. Diese entsteht aus der „normalen“ Stärke z. B. bei der Abkühlung von gekochten Kartoffeln. Die Stärke ist dann für unsere menschlichen Enzyme nicht mehr angreifbar und bleibt als “Futter“ selektiv für die guten Darmbakterien liegen.

    Die geschilderten Ergebnisse sind das Resultat der Arbeit mit keimfreien Mäusen, die ergo keine Darmmikrobiota besitzen. Deren Mikrogliazellen waren kaum in der Lage, auf Entzündungsreaktionen im Gehirn zu reagieren. Wird die Darmmikrobiota wieder durch Kontakt mit normal besiedelten Mäusen regeneriert, „erholen“ sich die Mikrogliazellen. Der Effekt ist also – glücklicherweise – reversibel.

    Besonders beeindruckend ist dabei das Ergebnis einer vierwöchigen Antibiotikabehandlung der Mäuse. Die damit einhergehende Schädigung der guten Darmmikrobiota führte direkt zu einer Schädigung der Immunabwehr im Gehirn.

    Ob diese an Mäusen erzielten Ergebnisse übertragbar sind, bleibt abzuwarten. Allerdings bestehen dafür gute Chancen, da nach Aussage des Forscher Prof. M. Prinz die Ergebnisse gut zu denen anderer Forschungsgruppen sowie zu früheren klinischen Studien passen.

    Eines dürfte allerdings jetzt schon sicher sein: Eine gute Darmmikrobiota ist nie von Nachteil.

    Video mit Forscher Prof. Marco Prinz (kurze Zusammenfassung des Sachverhaltes):

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    Mehr Informationen

     

    Quellen:
    D. Erny et al.. 2015. Host microbiota constantly control maturation and function of microglia in the CNS. Nature Neuroscience, online am 2. Juni 2015 veröffentlicht
    IDW-Online (https://idw-online.de/de/news631993)


    Die Buchempfehlung zum Thema:

    Brain Maker: The Power of Gut Microbes to Heal and Protect Your Brain – for Life

    Vorschaubild: Brain MakerEs gibt sie doch noch: Neurologen, die sich von ausgetretenen Pfaden verabschieden und ganzheitlich denken. Insofern ist Dr. David Perlmutters neues Buch: Brain Maker – “The power of gut microbes to heal and protect your brain – for life“ eine wahre Erleuchtung. Die gut recherchierte und streng wissenschaftlich basierte Information über den Zusammenhang zwischen unserer Darmflora und der Gesundheit unseres Gehirns und des Immunsystems ist so kraftvoll und eindrucksvoll präsentiert, dass das Buch Pflichtlektüre, nicht nur für Neurologen, sondern für jeden an Gesundheitsthemen interessierten Menschen ist.

    Must read des Jahres 2015!


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