Inhaltsverzeichnis
Resilienz oder Widerstandskraft ist ein relativ neues Konzept, dem es bislang an Klarheit mangelt. Der Begriff wurde zuerst in die Psychologie und Psychiatrie und später in die Medizin und das Gesundheitswesen eingeführt. „Geo Wissen“ bezeichnet die Resilienz als „das Geheimnis der inneren Stärke“. Salopp gesagt ist Resilienz die Kraft der Psyche, Belastungen auszuhalten. Oft wird sie auch als „Immunsystem der Seele“ bezeichnet. Das Wort Resilienz stammt von dem lateinischen Wort „resilire“ ab und bedeutet „abprallen“. Fragt man die Wissenschaft nach einer Definition, so fällt die Antwort, an der derzeit noch geforscht wird, komplizierter aus.[1]
Neueste Studien belegen, psychische Krankheiten nehmen zu
Aktuelle Studien zeigen, dass psychischen Krankheiten auf dem Vormarsch sind. Deshalb wird es immer wichtiger, sich mit dem Thema mentale Gesundheit und Resilienz auseinanderzusetzten.[2] Der Schlüssel zur Stabilisierung liegt dabei in uns selbst: Welche Ressourcen können wir unserem Körper und Geist zur Verfügung stellen und welche Schadeinflüsse können vermieden werden.
Prof Dr. Jörg Spitz betont dabei den Zusammenhang zwischen physischer und psychischer Gesundheit: „Nicht der Geist ist krank, sondern die Gehirnzellen – genauso wie die Zellen im gesamten Körper.“ Psychische Erkrankungen sind laut dem Professor kein Schicksal, sondern Auswirkung unseres Lebensstils. Er verweist auf die Bedeutung der Ernährung und der Umwelt bei der Behandlung psychischer Krankheiten. 70–90 Prozent der Bevölkerung zeigten heute Defizite einer natürlichen ausgeglichenen Lebensweise, so Spitz. Er fordert eine ganzheitliche Prävention für die psychische Gesundheit und verweist auf Studien, die beispielsweise „körperliche Aktivität“ als erfolgreiche Medizin einstuften, bei der Behandlung von Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen wie Depression, Angst, Stress oder Schizophrenie.[3]
Stress belastet die Psyche
Seit einigen Jahren erforschen Experten weltweit die Fähigkeit der Resilienz psychologisch und neurobiologisch. Der Ulmer Mediziner, Professor Alfred Wolf verweist neben den psychologischen Faktoren wie Bindung, Persönlichkeit und soziales Umfeld auf genetische, epigenetische Steuerung von Neurotransmittern, sowie biochemische Funktionsstörungen. Er erklärt die Entstehung von psychischen Erkrankungen als Folge von mindestens drei unterschiedlichen kumulativen Stressbelastungen: Die genetische Prädisposition als primäre Belastung, nachfolgende Stressbelastungen wie negative Lebensereignisse während der Kindheit und Adoleszenz und weitere in der stressigen Lebenswelt verursachte Vulnerabilitäten. Erst dann, so Wolf, entsteht psychische Erkrankung.[4]
Resilienz: Ein komplexes Set schützender Mechanismen
Resilienz stellt ein komplexes Set verschiedener schützender Faktoren und Prozesse dar, die für das Verständnis von psychischer Gesundheit wichtig sind. Dabei wird Resilienz als Schutzfaktor definiert, der eine Person widerstandsfähiger gegenüber unerwünschten Ereignissen macht. Resilienz ist eine positive Anpassung nach Stresssituationen und repräsentiert Mechanismen der Bewältigung und des Überwindens schwieriger Erfahrungen.[5] Eine Meta-Analyse von 60 Studien, in der der Zusammenhang zwischen psychischer Gesundheit und Resilienz untersucht wurde, kam zu dem Ergebnis, dass höhere Resilienz mit einer höheren psychischen Gesundheit einhergeht.[6]
Die Fähigkeit, mit schwierigen Situationen umzugehen kann erlernt werden
In unser komplexen Lebenswelt wünschen sich viele Menschen vermehrt Strategien, um besser mit Stress und belastenden Situationen umzugehen. Deshalb wächst das Interesse an der Resilienz sowohl bei der Bevölkerung wie auch vonseiten der Psychologie. Resilienz bezieht sich auf die Fähigkeit, mit schwierigen, belastenden und traumatischen Situationen umzugehen und gleichzeitig die normale Funktionsfähigkeit aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Praktisch heißt das, wie fähig ist eine Person nach einem Trauma Ereignis, zum Beispiel ein Unfall oder eine Krankheit, in den sogenannten „normalen“ oder gesunden Zustand zurückzukehren. Resilienz-Experten glauben, dass jeder seine Resilienz stärken kann.[7]
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Welche Qualitäten sollte man Stärken?
Resiliente Menschen sind meist optimistisch, neigen dazu, alles als nützliche Erfahrung zu sehen, konzentrieren sich auf ihre persönlichen Stärken, verwenden konstruktive Kritik, bauen enge Beziehungen zu anderen auf und besitzen emotionale und soziale Intelligenz. Viele dieser Eigenschaften sind erlernbar, und so kann jede Person selbst etwas dazu tun, die eigene Belastbarkeit zu stärken, und so die beste Basis für eine gute Gesundheit schaffen. Auch das soziale Umfeld, spielt eine entscheidende Schutzwirkung. Denn im Krisenfall sind es nahestehende Freunde und Familie, die einen Menschen unterstützend zur Seite stehen. Dazu gehört auch die Fähigkeit, um Hilfe zu bitten und sie anzunehmen.
Was behindert Resilienz?
In ihrem Artikel „A Focus on Resilience“ sprechen Mahmoud und Rothenberger von fünf häufigen Hindernissen für persönliche Resilienz im Privatleben und am Arbeitsplatz. Dazu zählen laut den Autoren: Ein Ungleichgewicht zwischen Arbeit und Privatleben, übermäßige Belastung durch stressige Ereignisse, unzureichende Zeit und Raum, um negative Gefühle zu verarbeiten, erniedrigende Erfahrungen und soziale Isolation. Um die Resilienz zu fördern, sollten idealerweise einer oder mehrere dieser Faktoren positiv beeinfluss werden.[8] Menschen können ihre eigene Resilienz nicht nur positiv beeinflussen, in dem sie die eigenen Qualitäten fördern, sondern auch, indem Risikofaktoren abgebaut werden.
Resilienzmodelle
Eines der bekanntesten Resilienzmodelle ist das Modell: „7 Säulen der Resilienz“ der Diplompsychologin Ursula Nuber. Mittlerweile ist dieses bei vielen Resilienztrainer:innen deutschlandweit beliebt. Es hat sieben Elemente: Optimismus, Akzeptanz, Lösungsorientierung, Opferrolle verlassen, Verantwortung übernehmen, Netzwerkorientierung und Zukunftsplanung.
Die Universität Mainz widmet ein ganzes Institut, das Leibniz-Institut für Resilienz Forschung, dem Thema. Die Forscher untersuchen dort derzeit zum Beispiel die bislang ungeklärte Frage, wie sehr Resilienz möglicherweise auch von den Genen beeinflusst wird.[9]
Die Akademie für menschliche Medizin hat ihr eigenes Modell zur Resilienz und psychischer Gesundheit erstellt. Dabei definieren wir Resilienz anhand dreier interagierender Bausteine: Erstens Risikofaktoren abbauen, zweitens Selbstentfaltungspotentiale fördern und drittens die zwischenmenschlichen Fähigkeiten ausbauen. Wir freuen uns, sie mit unserer Wissensvermittlung, unserem weiten Netzwerk an Experten und unseren vielfältigen digitalen Ressourcen und Produkten zu unterstützen, um ihre eigene Resilienz weiterhin zu stärken.
Referenzen
- ↑ https://www.geo.de/magazine/geo-wissen/19986-rtkl-widerstandskraft-resilienz-das-geheimnis-der-inneren-staerke
- ↑ Die Psyche ist ein wesentlicher Faktor für Gesundheit und Genesung
- ↑ Warum Demenz und Depression kein Schicksal sind – Gesamter Vortrag von Prof. Dr. med. Jörg Spitz
- ↑ KMM 2015 – Programmheft
- ↑ Babić R, Babić M, Rastović P, Ćurlin M, Šimić J, Mandić K, Pavlović K. Resilience in Health and Illness. Psychiatr Danub. 2020 Sep;32(Suppl 2):226-232. PMID: 32970640.
- ↑ Tianqiang Hu, Dajun Zhang, Jinliang Wang: A meta-analysis of the trait resilience and mental health. In: Personality and Individual Differences. Band 76, 1. April 2015, ISSN 0191-8869, S. 18–27, doi:10.1016/j.paid.2014.11.039 (sciencedirect.com)
- ↑ Linz S, Helmreich I, Kunzler A, Chmitorz A, Lieb K, Kubiak T. Interventionen zur Resilienzförderung bei Erwachsenen [Interventions To Promote Resilience In Adults – A Narrative Review]. Psychother Psychosom Med Psychol. 2020 Jan;70(1):11-21. German. doi: 10.1055/a-0830-4745. Epub 2019 Jun 4. PMID: 31163455.
- ↑ Mahmoud NN, Rothenberger D. From Burnout to Well-Being: A Focus on Resilience. Clin Colon Rectal Surg. 2019 Nov;32(6):415-423. doi: 10.1055/s-0039-1692710. Epub 2019 Aug 22. PMID: 31686993; PMCID: PMC6824889.
- ↑ https://lir-mainz.de/home