Eisen-Quelle: Curryblatt

In zahlreichen Ratgeber-Magazinen liest man es immer wieder: Meditation könne so manches Medikament ersetzen. Faszinierende Untersuchungen zeigen in beeindruckender Regelmäßigkeit, wie buddhistische Mönche bei modernen Gesundheitschecks Spitzenergebnisse erzielen.

Kann Mediation also als eine Art natürliches Heilmittel eingesetzt werden, oder wäre es besser, Medizin und Spiritualität zu trennen und solche Entspannungstechniken höchstens im Bereich der Wellness anzusiedeln?

Wir werfen einen Blick auf konkrete Forschungsergebnisse und zeigen, wie eine bestimmte Technik – die Mindfulness-Based Stress Reduction, kurz MBSR – die eigene Stressresilienz erhöhen und die Lebensqualität bei einer Vielzahl von psychischen und physischen Herausforderungen verbessern kann.

Was ist MBSR und welche Bedeutung hat die Technik in der Medizin?

Meditationsformen gibt es viele. Sie können religiös oder spirituell motiviert sein, Teil des Lebensstils sein und als Highlight gesellschaftlicher Events dienen. Gemein ist diesen Techniken stets das Ziel, das eigene Bewusstsein für einen Moment zur Ruhe zu bringen und im Hier und Jetzt den Blick nach innen zu richten.

Ende der 1970er Jahre erkannte der US-amerikanische Molekularbiologe Prof. Dr. Jon Kabat-Zinn das medizinische Potenzial von Mediation und entwickelte, ursprünglich als Bewältigungsstrategie für Menschen mit chronischen Schmerzen, eigens die sogenannte die Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR). Im Deutschen wird MBSR oft auch als Achtsamkeitsmeditation bezeichnet.

MBSR ist in der Regel als achtwöchiger Kurs konzipiert und integriert Elemente des Hatha-Yoga, der Vipassana-Meditation und des Zen-Buddhismus.

Mit den Jahren zeigte sich: MBSR lieferte nicht nur erstaunliche Ergebnisse bei Schmerzpatienten. Der Anwendungsbereich wurde deshalb auf die gezielte Stressreduktion bei Menschen mit Angststörungen, Depressionen, Schlafstörungen, Burnout und vielen anderen psychische und physische Leiden erweitert.

Das harmonierte einerseits hervorragend mit dem Zeitgeist der späten 1970er Jahre und findet auch heute noch viel Anklang. Es muss jedoch betont werden, dass MBSR alles andere als eine Modeerscheinung mit einem schicken Akronym ist. Die Meditationstechnik war im Verlauf der folgenden Jahrzehnte immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen und Studien und konnte in diesen ihre Wirksamkeit mit hoher Evidenz bestätigen. Dazu später mehr.

MBSR ist klar strukturiert: So verläuft die Anti-Stress-Meditation

Doch wie verläuft die Mindfulness-Based Stress Reduction eigentlich? Wie muss man sich eine typische Behandlung mit dieser medizinischen Meditationsform vorstellen?

MBSR ist ein klar strukturiertes Programm, das in der Regel über einen Zeitraum von acht Wochen absolviert wird. Die Teilnehmer treffen sich einmal pro Woche für Sitzungen von jeweils etwa zwei bis zweieinhalb Stunden. Darüber hinaus beinhaltet das Programm einen ganztägigen Achtsamkeitstag, an dem die Praktizierenden ihre Meditationen vertiefen können.

Dabei wird betont, dass Achtsamkeit keine religiöse oder esoterische Praxis ist, sondern eine wissenschaftlich fundierte Technik, die jeder erlernen kann. Ein wichtiger Bestandteil von MBSR ist auch der sogenannte Körper-Scan. Dieser dient dazu, sich bewusst mit dem eigenen Körper zu verbinden und Verspannungen oder Unwohlsein zu erkennen.

Eine weitere zentrale Übung ist die Atemmeditation. Hier wird die Konzentration auf den Atem gelenkt, während man ruhig und tief ein- und ausatmet. Dies hilft dabei, den Geist zu beruhigen und im gegenwärtigen Moment zu verweilen. Auch verschiedene Yoga-Übungen sind Teil des Kurses.

Neben den formellen Übungen werden auch informelle Achtsamkeitsübungen vermittelt. Dabei geht es darum, Achtsamkeit in den Alltag zu integrieren, sei es beim Essen, Spazierengehen oder bei alltäglichen kleinen Arbeiten. Die Teilnehmer werden ermutigt, jeden Moment bewusst zu erleben und sich nicht von automatischen Verhaltensweisen leiten zu lassen.

MBSR in der Medizin – das sagt die Forschung

Ein derart klar strukturiertes Programm erleichtert nicht nur die Internalisierung neuer Verhaltensweisen, sondern standardisiert auch MBSR, was wiederum die wissenschaftliche Evaluation des Programms wesentlich erleichtert und Vergleiche ermöglicht.

So erscheinen immer wieder wissenschaftliche Studien, wie etwa zuletzt eine Untersuchung vom Patient-Centered Outcomes Research Institute im November 2022 mit dem Titel „Meditation Equal to First-Line Medication for Anxiety“ (Meditation gleichwertig mit Medikamenten der ersten Wahl bei Angstzuständen) [1].

Die Studie verglich die Wirksamkeit von MBSR mit der Einnahme von Escitalopram, einem häufig verschriebenen Medikament zur Behandlung von Angststörungen. Dabei konnte bestätigt werden, dass Achtsamkeitsmeditation genauso wirksam wie das Medikament ist, jedoch weniger Nebenwirkungen hat. Die Achtsamkeitsmeditationsgruppe absolvierte für die Untersuchung wöchentlich 2,5 Stunden MBSR-Kurse und eine ganztägige Wochenendklasse, sowie täglich 45 Minuten geführte Meditationssitzungen zu Hause.

Das wissenschaftliche Fazit:

Achtsamkeitsmeditation kann "langfristige, nachhaltige Verbesserungen" bewirken. Und um damit die im Titel dieses Beitrages gestellte Frage zu beantworten: Ja, in der Tat kann Meditation unter Umständen sogar Medikamente ersetzten. Vielleicht nicht alle, in jedem Falle, aber es lohnt sich bei deartigen Beschwerden, sich auch diesem Behandlungsweg zu öffnen.

Die Bedeutung von MBSR in der Medizin ist nicht zu unterschätzen. Es wurde bereits nachgewiesen, dass Menschen, die MBSR praktizieren, eine erhöhte Resilienz gegenüber Stress entwickeln und eine verbesserte Fähigkeit zur Bewältigung von psychischen Herausforderungen aufweisen.

In der modernen Gesellschaft sind Burnout und Schlafstörungen weit verbreitet. Und vor allem in diesen Bereichen bietet MBSR einen gangbaren Ansatz, um die Ursachen der Beschwerden zu erkennen, Stress zu reduzieren und die Gesundheit auf ein stabiles Fundament zu stellen.

In diesem Kontext: Atemtechniken

An dieser Stelle sei auf auch ein interessantes Spitzen-Gespräch mit Frau Dr. Maria Wolke verwiesen, bei dem es um Atemtechniken und deren Anwendung zur Schaffung von erhöhter Resilienz und den Abbau von Stressreaktionen geht.

Gesund durch Atmung - Die unterschätzte Kraft von Atemtechniken! Dr. Maria Wolke & Prof. Jörg Spitz

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Mehr Informationen

AMM-Buchempfehlungen: Meditation und Achtsamkeit

Stressfrei durch Meditation
von Maren Schneider
Verlag: O.W. Barth eBook
Erscheinungsjahr: 2012
Mindfulness - Gelebte Achtsamkeit
von Edel Maex
Verlag: Junfermann
Erscheinungsjahr: 2018
Die Wissenschaft der Achtsamkeit
von Yi-Yuan Tang
Verlag: Junfermann
Erscheinungsjahr: 2019

Referenzen:

  1. Hoge EA, Bui E, Mete M, Dutton MA, Baker AW, Simon NM. Mindfulness-Based Stress Reduction vs Escitalopram for the Treatment of Adults With Anxiety Disorders: A Randomized Clinical Trial. JAMA Psychiatry. 2023 Jan 1;80(1):13-21. doi: 10.1001/jamapsychiatry.2022.3679. PMID: 36350591; PMCID: PMC9647561; https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36350591/

Beitragsbild:

Foto von Matteo Di Iorio auf Unsplash