Céline von Knobelsdorff

Interview am 06.02.2024
Franz Rösl, 1. Vorsitzender IG gesunder Boden e.V., Humusforscher
Prof. Jörg Spitz, Facharzt für Nuklearmedizin, Generalist
Moderation und Text: Céline von Knobelsdorff

Wie gut kann es um unsere Gesundheit und die unserer Gesellschaft bestellt sein, wenn sie auf einem kranken Boden fußen? Die Neue Gesundheitskultur (NGK) erinnert uns daran, dass unsere Bezugslosigkeit zu einem ganzheitlichen und achtsamen Umgang weitreichende Folgen mit sich gebracht hat, die anhaltend nach einer Rückbesinnung verlangen. Begonnen mit der tiefgreifenden Bezugslosigkeit zum eigenen Körper, dem verloren gegangenen, inneren Körpergefühl, welches stattdessen auf ein perfektes Äußeres reduziert wird, bis hin zu den knackig glänzenden Nahrungsmitteln, die vor allem eines mit sich bringen: Ungesundes. Doch wie kann uns hier eine Beschäftigung mit dem Boden weiterhelfen? Es liegt auf der Hand, denn der vielseitig eingesetzte Begriff „Kultur“ (lat. „cultura“, „colere“) wurzelt in der Bedeutung der Bodenkultivierung, welche sich in ihrer ursprünglichen Auffassung auf die Bearbeitung, Bestellung und die Pflege der Natur bezog.

Was ist die Basis eines gesunden Lebens?

Die Beschäftigung mit dem Boden ist für die meisten Menschen zur Angelegenheit von Landwirten oder auch wissenschaftlich Arbeitenden geworden. Der Einzelne setzt zwar täglich seinen Fuß darauf, doch wo dieser vor allem geteerte Flächen oder anderweitige, oftmals künstliche, Beläge berührt, fällt die Bezugslosigkeit zur „Mutter Natur“ kaum noch auf. Der Weg zum Biobauern und zu dessen guten „Bodenfrüchten“ wird ebenfalls erschwert, weshalb der Griff nach dem optisch perfekten Nahrungsmittel naheliegend scheint. Aus der ehemals kulturellen Verbundenheit mit den natürlichen Kreisläufen ist vor allem eine Nutzung der Natur geworden, sei es zur Gewinnung von Bodenschätzen oder als großflächige Freizeitanlage. Unsere Erde ist auch mehr als ihre Frequenz (Schuhmann-Frequenz), welche zwischenzeitlich ebenfalls an Aufmerksamkeit gewinnt, vor allem, weil sie sichtbare Schwankungen aufzeigt. Unsere Erde ist trauriges Ergebnis dessen geworden, was wir aus ihr gemacht haben: eine schwindende Basis für gesundes Leben. Indem wir uns die komplexen Verkettungen bewusst machen, werden für jeden Einzelnen diverse Möglichkeiten sichtbar, um an der Wiederherstellung einer langlebigen, gesunden Bodenkultur mitzuwirken.

„Zum Funktionieren eines gesunden Gemeinwohls gehört es dazu, sich einzubringen, etwas zurückzugeben, ohne an Geld oder einen Verdienst dafür zu denken.“
Franz Rösl

Verschlimm-verbessert

„Der Gast ist König.“ – ja, so lässt sich unser Umgang mit „Mutter Erde“ titulieren, denn wer sich als königlicher Gast empfindet, frönt allen Vorzügen ohne sich um deren Voraussetzungen oder Konsequenzen zu sorgen. Unser Auftreten knüpft an die haltlose Überzeugung an, dass der Mensch, als „Krone der Schöpfung“, aufgerufen ist, sämtliche Unzulänglichkeiten nach seinem Gutdünken zu verbessern oder gar zu korrigieren. Bis heute halten wir an dem Rausch unserer „Verschlimm-verbesserung“ fest, welche beispielsweise die Saatgutentwicklung derart verändert hat, dass vom ursprünglichen Pflanzenmikrobiom lediglich ein Anteil von 1 % übriggeblieben ist. Unsere Herrschaft über die Welt hat diese aus ihren natürlichen Angeln gehoben, weshalb es höchste Zeit ist, dass wir uns mit deutlich mehr Respekt der Natur anschließen, um sie wieder zu einer artgerechten Umwelt (zurück) zu gestalten. Der Humusforscher Franz Rösl bezeichnet den Menschen daher als „Milieu-Regulierer“, weil unser Wissen um die Kräfte, die im Boden wirken, unmittelbare Auswirkungen auf unser gesamtes alltägliches Tun haben.

„In einer Hand gesunder Erde befinden sich mehr Lebewesen, als Menschen auf der Erde leben.“
Franz Rösl

Zuständigkeiten

Wie gut, dass es Menschen gibt, welche sich nicht im Wust der Zuständigkeiten verlieren, wenn es darum geht, neue Wege für einen gesunden Boden zu beschreiten. Als Geschäftsführer eines familiengeführten Unternehmens für Bauwirtschaft hat Franz Rösl die „IG gesunder Boden e.V.“ gegründet. Magnetisch versammelten sich binnen von kurzer Zeit die unterschiedlichsten Interessenvertreter bei den ersten Veranstaltungen, die seitdem kontinuierlich wachsen. Das Anliegen, sich um einen konsequent gesunden Boden zu kümmern, offenbare eine geradezu integrative Kraft, indem aus den bisher starren Interessenlagern der Wasser- und Landwirtschaft, von biologischen und konventionell arbeitenden Betrieben, an gemeinsamen Lösungen gearbeitet würde, so Franz Rösl. Kaum einer kenne sich tiefgreifend mit der Bedeutung und den lebensspendenden Zusammenhängen unserer Böden aus, weshalb er sich die Humusforschung zu einem besonderen Anliegen gemacht hat. Diese umfasst neben wissenschaftlichen Auswertungen eine Rückbesinnung auf die ursprüngliche kulturelle Haltung, welche der Schöpferkraft Mitgefühl und Demut entgegenbrachte.

„Die Pflanze ist eine interessante Wesenheit, denn sie wirkt selbstlos.“
Franz Rösl

Mehr als ein Produktlieferant

Die Zusammenarbeit des Bodens mit unzähligen Lebewesen, von denen die meisten unterirdisch wirken, bereitet die Grundlage für ein gesundes Wachstum von Pflanzen, deren Verzehr wiederum Tier und Mensch gleichermaßen dient. Zwischen der Pflanze und dem Boden besteht eine intensive Zusammenarbeit, welche durch unsere einseitige Ausrichtung auf rein technologische Fortschritte zunehmend vergessen, missachtet und darüber hinaus schadhaft verändert wird. Eine Pflanze sei eben mehr als ein Produkt, weshalb der Humusforscher von Pflanzenwesen spricht, seitdem er erkannte, wie sehr diese neben ihrem Selbsterhalt auf das Wohl ihrer Umgebung ausgerichtet sind. So wandelt das Wesen der Pflanze nicht nur das Sonnenlicht, sondern gibt dabei 10 % dieser Photosynthese-Energie an die Luft ab, und damit seien nicht die sekundären Pflanzenstoffe gemeint, die zwischenzeitlich vor allem durch das „Waldbaden“ an Aufmerksamkeit gewonnen hätten. Ebenfalls sei zu bedenken, dass die eigenen Abwehrstoffe, welche die Pflanze im Falle eines Pilzbefalls entwickle, zugleich für das menschliche Immunsystem äußert wertvoll wären. Der Kampf des Menschen gegen die scheinbaren Fehler der Natur basiert auf dem Verlust seiner einst kulturell verankerten Verbindung zu seiner Lebensgrundlage. Alles ist miteinander und zusammenwirkend verbunden, weshalb die neuen Wege für die Wiederherstellung eines gesunden Milieus auch nur im Verbund beschritten werden können.

„Das gesamte Leben basiert auf symbiotischen Prozessen.“
Franz Rösl

Von Natur aus lebendig

Das Lebendige im Boden wird als „Humus“ bezeichnet und bevor der Mensch sehr stark eingegriffen hat, lag dieser Anteil bei 10 % bis 30 %. Bundes- bzw. europaweit sind heutzutage in den Ackerflächen lediglich noch 2 % nachzuweisen. Das ist zwar bekannt, hat allerdings zur Folge, dass statt einer weitsichtigen Renaturierung des Bodens, jede Menge Kunstdünger, Pestizide (sog. Pflanzenschutzmittel) sowie technisch gesteuerte Bewirtschaftung zum Einsatz kommen. Dadurch wird das natürliche Wachstum der Pflanzen samt ihrer symbiotischen Arbeit blockiert und infolgedessen die Herausbildung essenzieller Inhaltsstoffe zur Versorgung von Lebewesen verhindert.
Es ist der Mensch, welcher in diese ursprünglichen, symbiotischen Zusammenhänge eingreift, entweder, weil er diese nur unzureichend kennt oder versteht, oder weil er diese, selbst mit seiner Kenntnis davon, ignoriert.

Wenn wir die Lebendigkeit des Bodens reduzieren, entziehen wir ihm darüber hinaus die Fähigkeit, pestizidbelastetes Wasser „gesunden“ zu lassen. Es sei nicht ratsam, selbst unser Regenwasser zu trinken, weil nachweislich über 100 Pestizide in der Luft umherschwirren, nebst vieler weiterer Schadstoffe. Mit seinen nahezu Wunder wirkenden Mikroorganismen ist ein gesunder Boden daher von umso größerer Tragweite, wenn wir zu einem ebenfalls gesunden Leben zurückfinden wollen.
Die engen Lebenszusammenhänge spiegeln sich zugleich in der dramatischen Dominowirkung auf uns Menschen wider, wie beispielsweise in der Tatsache, dass die Biodiversität des Darmmikrobioms in industriellen Ländern nur noch bei 10 % bis 40 % liegt, was eine erhöhte Anfälligkeit für sämtliche Krankheiten nach sich zieht.

„Nicht weil wir alt werden, werden wir krank, sondern weil wir immer mehr von diesen Risiken einsammeln, die irgendwann zu einer Dekompensation unseres „Wunderwerks Körper“ führen.“
Prof. Dr. Jörg Spitz

Eine neue Bodenachtsamkeitskultur

Wir sollten aufhören, mit immer neuen technologischen Eingriffen jene Fehler „reparieren“ zu wollen, die im Grund erst durch deren Einsatz entstanden sind. Unsere Kehrtwende beginnt mit der Achtsamkeit, worauf wir jeden Tag unsere Füße setzen, und natürlich bei sämtlichen alltagsrelevanten Schritten, die jeder von uns Erdenbürgern gehen kann, um durch seinen Konsum eine Verlagerung des Bedarfs mitzubestimmen. Jede Entnahme einer Ware, welche wir im Supermarkt kaufen, löst eine Nachbestellung derselben aus, was verdeutlicht, wie sehr selbst die vermeintlich kleinsten „Rädchen im Getriebe“ Einfluss nehmen können.

Wenden wir uns „Mutter Erde“ wieder respektvoll zu, indem wir unseren Boden als lebendigen Organismus wahrnehmen, zu dem alle Pflanzen, in Gestalt, Nutzen und Wesenhaftigkeit gehören.

So angefangen spinnen wir den Achtsamkeitsfaden konsequent weiter und begegnen auch Tierfreunden und Mitmenschen empathisch und wertschätzend, denn jeder hat seinen Platz und seine Aufgabe für den Erhalt unserer gemeinsamen Lebensgrundlage. Wenn wir auf diesen Einklang hinsteuern, werden Zufriedenheit im eigenen Reich sowie Frieden mit allem, was diesen Wunderplaneten beheimatet, Einzug halten.

 „Es ist hypertroph anzunehmen, man könne etwas besser als die Natur.“
Prof. Dr. Jörg Spitz

Hintergrund zu diesem Text bildet ein äußerst aufschlussreiches Gespräch mit Franz Rösl und Prof. Dr. Jörg, moderiert von Céline von Knobelsdorff, zum Thema der fundamentalen Wichtigkeit eines gesunden Bodens für unser (Über-)Leben.
Hier geht’s zum Interview:

Verarmte Erde, verarmte Nahrung: Wie unsere Böden unsere Gesundheit beeinflussen

Die Neue Gesundheitskultur

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