Liebe Leserinnen und Leser,

in dieser Artikelreihe ermöglichen wir Ihnen einen Überblick und das grundlegende Verständnis dazu, warum aus unserer Sicht die Kenntnis der epigenetischen Zusammenhänge in unserem Körper Grundlage und Schlüssel der Prävention und Gesundung, insbesondere bei chronischen Erkrankungen darstellt. Wir versuchen Sie dabei, so weit wie möglich, von bio-medizinischem Fachjargon zu verschonen und stellen Zusammenhänge auf dieser Ebene ggf. vereinfacht dar. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen erhellende und gesundmachende Erkenntnisse.

Info: Die nächste Ausbildungsrunde der Epigenetik-Coach-Ausbildung von HealVersity beginnt Anfang Februar 2024. Weitere Infos hier und am Ende des Artikels!

Obwohl das Forschungsgebiet der Epigenetik oft als neu bezeichnet wird, ist es nicht so neu, wie manche glauben.

Werfen wir einen Blick zurück

Der Begriff "Epigenetik" wurde erstmals 1942 von dem Embryologen Conrad Waddington eingeführt, um die komplexen Entwicklungsprozesse zwischen dem Genotyp und dem Phänotyp zu beschreiben [4]. Ein Genotyp bezieht sich auf die genetische Ausstattung eines Organismus, d. h. die Gesamtheit der Gene, die er trägt. Er bestimmt oder trägt zum Phänotyp des Organismus bei, d. h. zur Kombination der beobachtbaren Merkmale oder Eigenschaften. Ursprünglich wurde er verwendet, um die schlecht verstandenen Prozesse zu bezeichnen, durch die sich eine befruchtete Zygote (eine Zelle, die durch die Verschmelzung von Geschlechtszellen – meist einer weiblichen Eizelle und einer männlichen Samenzelle – entsteht) zu einem reifen, komplexen Organismus entwickelt [1], [5].

Die erste epigenetische Veränderung, die entdeckt wurde, war die DNA-Methylierung, die seit den 1940er Jahren bekannt ist [2]. Die DNA-Methylierung ist ein chemischer Prozess, bei dem eine Methylgruppe an einen DNA-Strang angehängt wird, wodurch die Aktivität eines DNA-Abschnitts verändert wird, ohne die DNA-Sequenz zu verändern [10].

Siehe auch: Epigenetik von A – Z: Am Anfang steht die Zelle

Mit dem zunehmenden Verständnis der Mechanismen der Genexpression hat sich die Definition der Epigenetik dahingehend weiterentwickelt, dass sie sich auf die Art und Weise konzentriert, in der vererbbare Merkmale nicht mit Veränderungen der Nukleotidsequenz, sondern mit chemischen Modifikationen der DNA oder der an sie gebundenen Struktur- und Regulierungsproteine in Verbindung gebracht werden können [1], [5].

Die vorherrschenden epigenetischen Mechanismen sind die DNA-Methylierung, Veränderungen der Chromatinstruktur, der Verlust der Prägung und die nichtkodierende RNA [6]. Diese Mechanismen sind zwischen Mutter- und Tochterzellen (mitotische Vererbung) und zwischen Generationen (meiotische Vererbung) vererbbar [6].

Signifikanter Aufschwung in der Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts

Das Gebiet der Epigenetik hat sich seit Mitte der 1970er Jahre erheblich weiterentwickelt, wobei die Forschung seit Anfang der 2000er Jahre stark zugenommen hat [10]. Das 2010 gestartete Human Epigenome Project hatte zum Ziel, die DNA-Methylierung und andere epigenetische Marker im gesamten menschlichen Genom zu kartieren, um die Genregulation bei Entwicklung und Krankheit besser zu verstehen [10]. Ein Verständnis biologischer Entwicklung und Krankheitsentstehung ohne die Berücksichtigung der epigenetischen Vorgänge erwies sich schnell als hoffnungslos.

Die Epigenetikforschung ist heute zu einem unverzichtbaren Instrument für die Ermittlung der Beziehungen zwischen Genen und Umwelt geworden, die sich auf die Risikoexposition, den therapeutischen Nutzen und den Krankheitsverlauf auswirken [10]. Sie wurde auch mit der Erforschung von Evolution und generell der biologischen Entwicklung in Verbindung gebracht [1].

Krebs und epigenetische Veränderungen

Das Labor von Moshe Szyf war im Jahr 1994 das erste, das einen Zusammenhang zwischen DNA-Methylierungsveränderungen und Pathologien, insbesondere bei Krebserkrankungen, herstellte [8]. Moshe Szyfs Arbeit hat entscheidend dazu beigetragen, die Rolle der DNA-Methylierung bei der Entstehung und dem Fortschreiten von Krebs zu verstehen, und er hat zahlreiche Publikationen zu diesem Thema veröffentlicht.

Trotz der Fortschritte auf diesem Gebiet sind Definition und Umfang der Epigenetik unter Wissenschaftlern weiterhin ein Feld intensiver Debatten, und es wird weiter geforscht, um die damit verbundenen komplexen Regulierungsprozesse besser zu verstehen [1], [10].

Epigenetikforschung heute

Die aktuellen Forschungsgebiete der Epigenetik sind vielfältig und erstrecken sich über verschiedene Bereiche der Biologie und Medizin. Hier sind einige der wichtigsten Bereiche

  1. Verbindungen zu Krankheiten: Die Epigenetik-Forschung wurde in großem Umfang auf die Erforschung von Krankheiten, insbesondere Krebs, angewandt. Das Verständnis von Epigenetik und Epigenomik - der genomweiten Verteilung epigenetischer Veränderungen - ist für viele Themen, die ein gründliches Verständnis der Genetik erfordern, wie Stammzellen, Klonen, Altern, synthetische Biologie, Artenerhaltung, Evolution und Landwirtschaft, unerlässlich [18], [23].
  2. Umwelteinflüsse und Lebensstil: Die Forscher untersuchen die Auswirkungen der Umwelt auf die epigenetische Regulierung biologischer Prozesse und die Krankheitsanfälligkeit. Epigenetische Prozesse können durch Umweltfaktoren wie Ernährung, Stress, Alterung und Schadstoffe ausgelöst oder gestört werden [19]. Im Gegensatz zu genetischen Veränderungen sind epigenetische Veränderungen reversibel und verändern nicht die DNA-Sequenz, aber sie können verändern, wie der Körper eine DNA-Sequenz liest [22].
  3. Zellidentität und -teilung: Ein neues theoretisches Modell hilft zu erklären, wie epigenetische Erinnerungen, die in chemischen Veränderungen des Chromatins kodiert sind, von Generation zu Generation weitergegeben werden. Diese Forschung ist entscheidend für das Verständnis, wie die Zellidentität bei der Teilung von Zellen erhalten bleibt [21]. Stichwort: Transgenerationale Epigenetik (siehe auch 4.)!
  4. Epigenetische Mechanismen und Genregulierung: Es werden Studien durchgeführt, um den "Ampel"-Mechanismus zu verstehen, der die genetische Aktivität in den Zellen steuert. Eine Veränderung der epigenetischen Markierungen auf den Chromosomen führt zu einer veränderten Genexpression bei den Nachkommen und den Enkeln, was "transgenerationale" Auswirkungen nach sich zieht [22].
  5. Biosoziale Wissenschaft: Die Epigenetik vertritt die faszinierende Ansicht, dass unsere Biologie von der materiellen und sozialen Umwelt abhängt, beispielsweise von politischen, wirtschaftlichen und historischen Faktoren. Diese Perspektive führt zur Entwicklung der Epigenetik als integrative biosoziale Wissenschaft [22].
  6. Technologische Innovation: Mit den Fortschritten auf dem Gebiet der Epigenetikforschung werden bessere Instrumente und Techniken benötigt. Viele Forscher investieren stark in die Entwicklung neuer Methoden zur Untersuchung epigenetischer Vorgänge. Einige der wichtigsten Bereiche der epigenetischen Innovation sind neue Ansätze für Einzelzellanalysen und genomische und epigenomische Assays mit höherem Durchsatz und zunehmend höherer Auflösung [24].

Fazit

Die Epigenetik ist heute nicht mehr wegzudenken, wenn es darum geht, die Entstehung von Krankheiten zu untersuchen und zu verstehen, wie eine individuelle Behandlung und Prävention von Krankheiten aussehen muss. Das grundsätzliche Verständnis der Epigenetik ist einer der entscheidenden Faktoren für den Erfolg oder Misserfolg einer Lebensstilintervention oder einer medizinischen Behandlung.

Unsere Gene sind nicht unser Schicksal. Durch bewusste Entscheidungen in Bezug auf Ernährung, Bewegung und Lebensgewohnheiten können wir die Aktivität unserer Gene beeinflussen und somit unsere Gesundheit positiv gestalten. Es liegt in unserer Hand, unser bestes genetisches Potenzial zu entfalten und sich der beeinflussenden Umweltfaktoren bewusst zu werden.

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Weiterführende Quellen zur Vertiefung

Diese wissenschaftlichen Arbeiten und Artikel – oft frei verfügbar - bieten einen tieferen Einblick in das komplexe Thema der Epigenetik und wie unser Lebensstil unsere genetische Information beeinflussen kann. Es ist faszinierend zu sehen, wie die Wissenschaft ständig neue Erkenntnisse in diesem Bereich entwickelt.

[1] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3941222/

[2] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0165247822001055

[3] https://www.researchgate.net/figure/Timeline-of-milestones-in-the-history-of-epigenetics_fig1_313729264

[4] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27291929/

[5] https://cshperspectives.cshlp.org/content/6/1/a018200

[6] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3134032/

[7] https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0012160616302974

[8] https://www.mdpi.com/1422-0067/21/20/7571

[9] https://clinicalepigeneticsjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13148-020-00893-7

[10] https://www.whatisbiotechnology.org/index.php/science/summary/epigenetics/

[11] https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fcell.2014.00049

[12] https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/21553769.2016.1249033

[13] https://www.nature.com/articles/ncb1205-1149a

[14] https://en.wikipedia.org/wiki/Epigenetics

[15] https://www.newscientist.com/article/mg21728971-700-epigenetics-discovery/

[16] https://www.sciencedirect.com/topics/neuroscience/epigenetics

[17] https://www.nature.com/subjects/epigenetics

[18] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1392256/

[19] https://www.niehs.nih.gov/health/topics/science/epigenetics/index.cfm

[20] https://www.sciencedaily.com/releases/2023/11/231116150849.htm

[21] https://www.sciencedaily.com/news/health_medicine/epigenetics/

[22] https://clinicalepigeneticsjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13148-022-01366-9

[23] https://www.cdc.gov/genomics/disease/epigenetics.htm

[24] https://www.activemotif.com/2018-epigenetics-breakthroughs-blog

Für diejenigen, die tiefer einsteigen wollen und sich selbst oder Betroffenen helfen wollen bietet sich die Epigenetik-Coach-Ausbildung bei HealVersity unbedingt an!

Über die erste Epigenetik-Coach-Ausbildung Deutschlands über „HealVersity“ vormals „deine Mindbase“ in Zusammenarbeit mit der Akademie für menschliche Medizin, hatten wir schon berichtet und schon eine Vielzahl von Interessenten für den Kurs begeistern können. 

Die nächste Ausbildungsrunde startet im Februar 2024!

Alles Wichtige zu diesem intensiven und von uns begleitenden Ausbildungsprogramm, welches in einer Zertifizierung endet, finden Sie hier:

Hier geht es zur Informations- und Anmeldeseite!  

Auch auf das Spitzen-Gespräch zwischen dem Arzt Dr. Manuel Burzler (Mitgründer von deine Mindbase bzw, HealVersity) und Prof. Spitz hatten wir schon hingewiesen. Sie können es sich aber gerne hier noch einmal anschauen: 

Spitzen-Gespräch Epigenetik und Zellen: Prof. Jörg Spitz und Dr. Manuel Burzler

Für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich über die AMM anmelden bzw. bei der Anmeldung die AMM als Referenz angeben hält „HealVersity“ besondere Vorteile bereit. So erhalten Sie die Möglichkeit im Rahmen der Live-Veranstaltungen des Kurses an einer persönlichen Diskussionsrunde mit Prof. Dr. med. Jörg Spitz teilzunehmen und auf den besonderen Wissens- und Erfahrungsschatz des AMM-Gründers zuzugreifen. Bitte beachten Sie also, bei Ihrer Anmeldung die Akademie für menschliche Medizin als Referenz anzugeben. 

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Quellen:

Beitragsbild von Sangharsh Lohakare auf Unsplash